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Diversity an der Unternehmensspitze: So kommen Frauen nach oben

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Autor(en): Tanja Hilpert
Was hat die Frauenquote erreicht? Brauchen wir sie? Und wie können Unternehmen mehr Frauen motivieren, Führungspositionen einzunehmen? Die Antworten darauf lesen Sie in diesem Artikel.
Das Topmanagement muss mit gutem Beispiel vorangehen und sich glaubwürdige KPIs verordnen, will es mehr Frauen in Führungspositionen haben.
Foto: insta_photos - shutterstock.com

Im März 2015 hat der Bundestag das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ beschlossen. Seit 2016 gilt die sogenannte Frauenquote, die seitdem immer wieder heiß diskutiert wird. 2021 wurden durch das zweite Führungspositionen-Gesetz – FüPoG II – etwaige Lücken geschlossen und die allgemeine Wirksamkeit verbessert. Seitdem müssen deutsche Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern mindestens 30 Prozent der Positionen in Aufsichtsrat, Vorstand und Geschäftsführung mit Frauen besetzen. Von diesem ohnehin recht niedrig gesetzten Ziel sind wir allerdings noch immer weit entfernt.

Deutschland liegt im Mittelfeld

Laut einer aktuellen Studie lag der Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland 2022 insgesamt bei gerade einmal 24,1 Prozent. Dabei unterscheiden sich verschiedene Branchen deutlich voneinander. Während das Gesundheitswesen mit einem Frauenanteil von 36,9 Prozent deutlich über dem Durchschnitt liegt, werden im Baugewerbe sowie im Maschinenbau weniger als zehn Prozent der Führungspositionen von Frauen bekleidet. In der IT-Branche sehen die Zahlen auch nicht rosig aus: Gerade mal 19 Prozent Frauen arbeiteten 2021 in einem IT-Beruf. Damit liegt Deutschland im europäischen Vergleich im hinteren Mittelfeld - und das bei dem dringenden Bedarf nach IT-Fachkräften.

  • Theresa Kölnberger - Scrum Masterin bei FTAPI
    "Im Bereich Cybersicherheit ist man regelmäßig mit neuen Technologien konfrontiert. Das macht das Arbeiten einerseits sehr spannend, andererseits erfordert es, sich kontinuierlich fortzubilden."
    Foto: Kölnberger - FTAPI
  • Patricia Cabrera Perez - Senior Director EMEA Distribution bei Cradlepoint
    "Wir sind überall von Technologie umgeben, und es ist ein Privileg, Teil der Branche zu sein, die sie vorantreibt und prägt."
    Foto: Cabrera Perez - Cradlepoint
  • Alina Bizga - Sicherheitsanalystin bei Bitdefender
    "Frauen schenken tendenziell den Details eine größere Aufmerksamkeit. Auch emotionale Intelligenz kann die Kompetenzen in der IT-Sicherheit verbessern."
    Foto: Bizga - Bitdefender
  • Birgit Grosser - Director Managed Cloud Operations bei Axway
    "Als Frau in der IT war ich Mitte der 1990er noch die Ausnahme, als weibliche Führungskraft in der IT eher eine Exotin. In Vor-Ort-Meetings bei Kunden war ich häufig die einzige Frau im Raum."
    Foto: Grosser - Axway
  • Julia Plathner - Channel Sales Manager bei Aqua Security
    "Um als Frau in der IT zu arbeiten, muss man nicht unbedingt einen technischen Abschluss haben."
    Foto: Plathner - Aqua Security
  • Merium Khalid - Senior Manager Offensive Security bei Barracuda XDR
    "Ein wichtiger Faktor, um mehr Frauen für die Technologie zu gewinnen, ist, ihnen vor Augen zu führen, wie andere Frauen in diesem Bereich erfolgreich sind und welchen Einfluss sie in der Welt der Technologie haben können."
    Foto: Khalid - Barracuda XDR
  • Christine Grimm - Associate Partner bei Convista
    "Seit meinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens - noch als eine von wenigen Frauen – bin ich genauso selbstsicher meinen Weg gegangen wie meine männlichen Kollegen."
    Foto: Grimm - Convista

Der Anteil der Frauen in den Vorständen der 200 größten deutschen Unternehmen lag 2022 bei 15,6 Prozent, der Frauenanteil in Aufsichtsräten immerhin bei 30,9 Prozent. Wirft man einen Blick auf die 40 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland, ist der Frauenanteil in den Vorstandsetagen so hoch wie nie zuvor - und liegt trotzdem noch bei unter einem Viertel. Der Verein "Frauen in die Aufsichtsräte" (FidAR) hat im Rahmen seines jährlich stattfindenden Forums die Vorstände von 183 deutschen Konzernen unter die Lupe genommen und konnte einen durchschnittlichen Frauenanteil von 17,1 Prozent feststellen - ebenfalls ein neuer Spitzenwert.

Quote zeigt deutliche Wirkung

Das große Ziel mag also noch nicht überall erreicht sein, aber die Frauenquote zeigt deutlich Wirkung. Es ziehen immer mehr Frauen in Führungsetagen ein, und jede weitere Einstellung ist ein Schritt zu mehr Diversität und Gleichberechtigung. Laut Prof. Dr. Anja Seng, der Präsidentin von FidAR, wirkt das Mindestbeteiligungsgebot sogar deutlich schneller als erwartet, da Unternehmen erkannt haben, dass gleichberechtigt besetzte Führungsetagen einen positiven Effekt auf das Unternehmen und die Mitarbeitenden haben. Und das ist es, was die Frauenquote bewirkt: Sie schafft Bewusstsein in Unternehmen und sorgt für Sichtbarkeit. Die Frauenquote ist ein weiteres KPI, das es zu erfüllen gilt - und sobald dieses Ziel erreicht ist, brauchen wir auch die Quote nicht mehr.

In den viel geführten Diskussionen um die Frauenquote wird oft argumentiert, dass diese einen Verstoß gegen das Prinzip der Leistung darstellt und dafür sorgt, dass Bewerberinnen bevorzugt werden, ungeachtet ihrer Leistung und Qualifikationen. Natürlich darf das Geschlecht nie das entscheidende Einstellungskriterium sein. Die Frauenquote soll dazu dienen, die Chancengleichheit zu fördern sowie Stereotype und Vorurteile gegenüber Frauen in Führungspositionen abzubauen.

Größere Zufriedenheit in Firmen dank Frauen

Eine Studie des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung in Österreich hat die Auswirkungen von Frauen in Führungspositionen untersucht und bestätigt, dass gemischt-geschlechtliche Führungsetagen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens haben. Die Studie zeigt, dass Frauen in Führungspositionen sich im Schnitt positiv auf den finanziellen Erfolg eines Unternehmens auswirken, sowie auf die ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Auch Einkommenschancen, Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden können positiv beeinflusst werden.

Eine mögliche Ursache dafür ist, dass weibliche Führungspersonen durch andere Dinge motiviert werden und andere Ziele haben. So stehen für viele Frauen das Wohl der Mitarbeitenden und langfristiges, nachhaltiges Wachstum im Fokus. Weibliche und gemischt-geschlechtliche Gremien legen einen stärkeren Fokus auf Unternehmenskultur, Work-Life-Balance und die Zufriedenheit der Beschäftigten, was auch auf potenzielle Bewerber einen positiven Eindruck macht.

Frauen sind innovativer

Teams mit männlichen und weiblichen Führungspersonen reagieren laut der Studie sensibler auf Trends und passen ihre Unternehmensstrategie bereitwilliger an, als ausschließlich männlich geführte Teams. Außerdem wird Frauen eine höhere Innovationskraft und ein umsichtiger Führungsstil zugeschrieben, aufgrund dessen Bilanzberichtigungen seltener erforderlich sind. Insgesamt zeigt die Studie, dass gemischt-geschlechtlich geführte Unternehmen im Schnitt erfolgreicher sind - und dennoch sind diese noch immer in der Unterzahl.

Dabei mangelt es keinesfalls an qualifizierten Kandidatinnen. Laut Angaben des statistischen Bundesamtes nehmen mittlerweile mehr Frauen als Männer ein Studium auf. Im Jahr 2020 waren 52,5 Prozent aller Studienanfänger Frauen. Anders als bei den Führungskräften hat sich der Frauenanteil in akademischen Berufen im Allgemeinen deutlich erhöht. Was können Unternehmen also tun, um Frauen zu fördern und zu motivieren, Führungspositionen einzunehmen und zu halten?

Diversity-KPI fördert Firmenattraktivität

Wenn Unternehmen Frauen in Führungspositionen fördern wollen, sollten das auch nach außen hin transparent kommunizieren. Sie sollten sich zusätzlich zur Frauenquote eigene KPIs setzen und ihre Kennzahlen dahingehend offenlegen. Das bestehende Management sollte mit gutem Beispiel vorangehen und von Anfang an auf unterrepräsentierte Gruppen eingehen, diese in die Unternehmenskultur aufnehmen und begrüßen. So wird der Diversity-Gedanke im Unternehmen etabliert und die Entstehung von Stereotypen im Keim erstickt.

Die Verantwortung dafür liegt allerdings nicht bei der Führungsetage allein, sondern setzt viel früher an. Die gleiche Behandlung aller Geschlechter sollte bereits im Kindesalter zur Selbstverständlichkeit werden. Mädchen und Jungen sollten gleichermaßen ermutigt werden, die Berufe zu ergreifen, für die sie sich begeistern. Das Geschlecht sollte keine Rolle spielen, wenn es um Interessen, Begabungen und Berufswünsche geht.

Vorbild Skandinavien

Dabei dient Skandinavien als großes Vorbild. Im schwedischen Parlament sind 46 Prozent der Abgeordneten weiblich- damit liegt das Land nur 1 Prozent hinter Island, dem europäischen Spitzenreiter. Der Gender Equality Index liegt in Schweden bei 83,9 von 100 Punkten, und damit 15,3 Punkte über dem europäischen Durchschnitt, und 15,2 Punkte vor Deutschland. Skandinavische Länder zeigen, wie Gleichstellung und Förderung in Unternehmen und Gesellschaft funktioniert. Nur eine Gesellschaft und Wirtschaft, die auf das gesamte Potenzial der Bevölkerung zurückgreift, wird langfristig ein Umfeld schaffen, in dem sich alle gesehen und integriert fühlen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass unterrepräsentierte Gruppen - zu denen Frauen in bestimmten Branchen sowie in Chefetagen leider noch immer gehören - ihre Ziele oft weniger selbstbewusst vorantreiben, da sie das Gefühl haben, dass ihnen die Verbündeten fehlen. Dem können Unternehmen aktiv entgegenwirken, indem sie ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem sich jeder wohl fühlt. Dazu können beispielsweise Frauennetzwerke gebildet werden, die zum Austausch und "natural networking" einladen, oder sogenannte Empathy-Zirkel, in denen sich regelmäßig in kleinen Gruppen über spezifische Themen und Probleme ausgetauscht wird, um gemeinsam Fortschritte voranzutreiben. Auch dezidierte Mentorship- oder Coaching-Programme - beispielsweise ein Leadership-Training nur für Mitarbeiterinnen - können dazu beitragen, Frauen in mehrfacher Hinsicht zu fördern.

Es braucht eine Plattform für Managerinnen

Unternehmen müssen Präsenz zeigen - in den Medien, auf Karrieremessen für Frauen, an Schulen und in Universitäten - und eine Plattform für weibliche Führungskräfte schaffen, die diese nutzen können, um eine Vorbildfunktion einzunehmen und junge Frauen zu inspirieren und zu motivieren. Eine solche Plattform kann genutzt werden, um mit alten Rollenbildern aufzuräumen und zu zeigen, dass es durchaus möglich ist, eine Familie zu haben und Karriere zu machen. Sie kann auch vor Augen führen, dass Frauen keinesfalls genauso wie die männlichen Kollegen agieren müssen, um ernst genommen zu werden, sondern ihren ganz individuellen Führungsstil finden können.

Unternehmen, die mehr weibliche Arbeits- und Führungskräfte anziehen wollen, sollten außerdem über flexible Arbeitszeitmodelle und Arbeitsorte nachdenken - keine neue Idee, aber längst noch keine Selbstverständlichkeit. Je mehr Flexibilität ein Mensch in Hinblick auf seine Arbeit genießt, desto besser kann er sie mit Familie, Hobbies und persönlichen Interessen in Einklang bringen, was die allgemeine Zufriedenheit sowie die Bindung zum Unternehmen steigert. Momentan werden Teilzeitmodelle in Deutschland eher von Frauen genutzt, doch das Angebot sollte für beide Geschlechter eine Selbstverständlichkeit sein.

Auch in Europa sind noch zu viele Männer Chefs

Frauen zu unterstützen und zu fördern bedeutet nicht, Männer auszuschließen. Ein integrativer und offener Umgang mit allen Geschlechtern ist wahre Gleichstellung. Dabei sollten Empathie und Verständnis für verschiedene Rollen, Bedürfnisse und Perspektiven im Vordergrund stehen.

Auch wenn sich in dieser Hinsicht bereits einiges bewegt, sind die Führungsetagen europäischer Unternehmen noch immer sehr männlich geprägt. Doch auch das wird sich in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich ändern. Zum Jahreswechsel 2022 auf 2023 ist die EU-Führungspositionen-Richtlinie in Kraft getreten, und wurde auch vom deutschen Bundestag im Februar 2023 angenommen. Bis 2026 müssen nun 40 Prozent der Mitglieder in Aufsichtsräten und 33 Prozent in Aufsichtsräten und Vorständen börsennotierter Unternehmen in der EU weiblich sein. Es muss klar werden: Mehr Frauen in Führungspositionen bedeuten keine Konkurrenz, sondern einen Mehrwert. Es kann nicht nur mehr als eine geben - es muss!

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